Alexander Presuhn (1870-1950)


von Gerhardt Löffler

Al
exander Presuhn, geboren 1870 in Graz (Österreich), gestorben 1950 in Unterlenningen (bei Stuttgart), nahm zunächst Unterricht an der Schule des Steirischen Musikvereins in seiner Heimatstadt, studierte dann Violine,  Komposition am Konservatorium und Philosophie an der Universität in Leipzig, verbrachte seine ersten Berufsjahre wiederum in Graz am dortigen Landestheater und war dann 35 Jahre am Stuttgarter Hof-und späteren Landestheater in sehr unterschiedlichen Positionen  tätig: Als Konzertmeister, Solobratscher, Dirigent und schließlich als Musikdirektor des Schauspiels. Er hat als Musikdirektor des Schauspiels nicht nur ca. 50 Bühnenmusiken arrangiert und komponiert sondern als Komponist auch zahlreiche Werke für und mit «seinem» Instrument, der Bratsche geschrieben.

PARTITA für Streichtrio

Die Partitur nennt an ihrem Ende das Datum 30. März 1935 für den Zeitpunkt der Komposition und an ihrem Beginn schreibt der Komponist mit einem schmunzelnden Auge über sein Trio für Violine, Viola und Violoncello: «Das hochwohltemperierte Streichtrio. Eine Folge von 12 Fugen und anderen harmlosen Sachen; zur heiteren und erbaulichen Kurzweil...», widmet es seinem Sohn zu einem familiären Anlaß und unterzeichnet «componiert von...» Alexander Presuhn.
Die vom Komponisten erwähnten 12 Fugen bilden gemäß der Form eines Rondos die Struktur des gesamten, durchgängig komponierten Werks.

Eine Intrada führt zur Fuge 1, dieser folgt eine Sarabande, danach Fuge 2, welche zu einer Tedesca weiterleitet, woran sich Fuge 3 und eine Polacca anschließen. Presuhn bleibt der Form treu und läßt der Fuge 4 eine recht lange Pavane folgen, Fuge 5 führt in ein Capriccio und in Fuge 6 weiter. Das folgende Menuett in H-Dur hat einen Minore-Teil, es schließt Fuge 6, eine Gavotte in As-Dur, die in sich einen à-la-Musette-Mittelteil aufweist, daran Fuge 8, aus der die Violine solo mit einer kleinen Kadenz aussteigt und in eine A-Dur-Tarantella verbindet. Dieser umfangreichen Tarantella folgen die Fugen 9 und 10 in direkter Abfolge, eine kleine  Aria führt zur Fuge 11, die Wiederholung der Aria in die letzte Fuge 12, die sich zu ihrem Ende hin kräftig aufrauht. Finale des mit 991 Takten recht umfangreichen Werks bildet eine klassische Pas
sacaglia, in der Violine und Viola über dem zu erwartenden Ostinato des Violoncellos «heftig arbeiten» dürfen, das Violoncello scheint sich angespornt zu fühlen, der Schluß wechselt vom 3/4 Takt der Passacaglia in den 3/2 Takt der Coda, auch das Violoncello beteiligt sich am letzten intensiv bewegten Höhepunkt und das Stück zieht sich in einem C-Dur Schlußklang ins absolute Pianissimo zurück.

Autographes Stimmenmaterial und eine Partitur sind im Privatbesitz des Herausgebers.
Für diese Ausgabe wurden sowohl Einzelstimmen als auch die Partitur herangezogen, der Versuch unternommen, aus beiden Quellen Informationen herauszufiltern, ganz offensichtlich Vergessenes ergänzt und Widersprüchliches zugunsten einer logischen Wiederkehr oder auch auf Grund des überzeugenderen Klangeindrucks angepaßt.

DAS ALTER

Das Werk für Bratsche und Klavier nennt Alexander Presuhn «Das Alter (nach Eichendorff)». Es ist nach einem Eintrag in den autographen Klavierauszug im August 1940 entstanden.
Der Komponist bezieht sich mit dem Titel seines Werkes auf das gleichnamige Gedicht Joseph Freiherr von Eichendorffs, das dieser Ausgabe beigefügt ist. Die Eichendorffsche Form des Sonetts spiegelt sich allerdings in der dreiteiligen Liedform der Presuhnschen Komposition nicht wieder.

Läßt man Musik und Dichtung auf sich wirken, ist zu vermuten, dass Presuhn eher versucht haben mag, die Stimmung des Gedichtes, in Töne zu fassen. Dazu hat er die Tonart B-Dur und eben die musikalische Form gewählt, die fast alle seine Werke für Solo-Bratsche prägen: die dreiteilige Liedform mit Coda.
Der autographe Notentext weist  Artikulationen fast ausnahmslos in  der Viola-Stimme des Klavierauszugs auf. Im Klavierpart und in der Viola-Einzelstimme des Autographs fehlen sie fast vollständig. Entsprechend wurden bei der Herausgabe aus dem Vorbild der besagten Viola-Stimme heraus die anderen Parte sinngemäß ergänzt.

DIE VIRGINIA-ROMANZE

Die Virginia-Romanze ist auf den 5. Juli 1933 datiert. Leider sind weder der Anlaß für dieses Stück noch der Grund für seinen Titel zu ermitteln. Ein klangvolles, von seinem Auftakt geprägtes Thema in G-Dur, vorgetragen in zwei unterschiedlichen Oktavlagen durch die Bratsche eröffnet das kurze Werk. Vier (im Part der Bratsche mit Doppelgriffen gefüllte) Kadenz-Aufgänge in h-Moll, d-Moll in der Bratsche, einer in f-Moll im Klavier und der letzte in C-Dur wiederum in der Bratsche  führen zurück zum Ausgangsthema, allerdings jetzt in g-Moll. Eine kleine Überleitung im 3/4Takt verbindet zu einem als Coda verwendeten letzten Auftreten des Themas, dieses Mal im Klavier und wieder im ursprünglichen G-Dur.

Gerhardt Löffler

Geboren und aufgewachsen in Karlsruhe ist Gerhardt Löffler der Urenkel von Alexander Presuhn und Herausgeber der oben beschriebenen neuen Erstdruck-Ausgaben. Er studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart, mit Abschluss Diplom-Musikerzieher und Diplom-Orchestermusiker, seine Lehrer waren Gunter Teuffel, Solobratschist RSO und Prof. Hermann Voss, Melos-Quartett.
Hermann Ritter & seine Viola alta

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Zum 250. Todestag

Georg Philipp Telemann war einer der bedeutendsten Komponisten des Barock. Er brachte innovative Impulse in die Entwicklung der Musik ein und veränderte die Musikwelt des frühen 18. Jahrhunderts maßgeblich. » Zum Blog
 
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Viola Konzert
Nach dem Autograph herausgegeben von Yvonne Morgan als Partitur mit Continuo.
Zum Viola Konzert ist das komplette Stimmenmaterial erhältlich. 

 
Drei mal drei Menuette
Der Titel des Heftes lehnt sich frei an den der originalen Menuettsammlung [TWV 34:1-50] an. Die programmatischen Überschriften sind der Phantasie des Bearbeiters geschuldet und möchten zu einer individuellen Gestaltung der Sätze anregen.  
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